Ausgangssprache: spanisch
Übersetzungen: deutsch

Callo de hacha

 

 …caminan por las rocas

 cinco monjas.

 (…)

 (Para buscar almejas,

 una lleva un cuchillo.)

 Héctor Viel Temperley

 

 I should have been a pair of ragged clows

 Scuttling a cross the floors of silent seas.

 T. S. Eliot

 

Pensé que los moluscos eran gente pacífica,

casatenientes arruinados pero dignos

perpetuando una casta de conchas en el mar.

Luego Ricardo me llevó en un cayuco

al sur de la laguna de Chacahua

y amelló su cuchillo en callos de hacha

y comimos olán —esa tripa del agua

sedosa entre los dientes.

 

“Hay en el fondo del mar, si buscas con un gancho,

un retrato de mi abuelo más lejano,

el tocador de una princesa hecha de lodo,

un espejo de piel, un buzo hambriento.”

Esto lo dije una noche en la rompiente.

Pero fue inútil: las palabras

no viajan al pasado

 

Todo sabe a limón: las fogatas,

el viento de la playa,

los manjares sacados de las rocas

y congelados luego como victorias pírricas,

las cervezas, las conchas: los cadalsos.

Todo sabe a limón

y el espíritu flota sobre las aguas.

 

(Mírame con tu cara encapuchada,

tu abstracta cara de verdugo medieval,

mientras te descuartizo y te empalo y te devoro.)

 

Pensé que los moluscos eran gente pacífica.

Bulbos en lápidas. Praderas archivadas.

Ahora no puedo ver el mar

sin mirar cómo ruedan las cabezas.

 

 

                        Chacahua, verano 2003 / verano 2004

Beilmuschel

 … streichen um die Klippen

 fünf Nonnen herum.

 […]

 (Um Muscheln zu sammeln,

 eine trägt ein Messer.)

 Héctor Viel Temperley

 

 I should have been a pair of ragged claws

 Scuttling a cross the floors of silent seas.

 T.S. Elliot

 

Ich dachte, Weichtiere seien friedliebende Zeitgenossen

Hausbesitzer, bankrott aber anständig

die im Meer den Fortbestand einer Muschelkaste sichern.

Dann fuhr mich Ricardo mit dem Kanu

in den Süden der Lagune von Chacahua

und rammte sein Messer in Beilmuscheln

und wir aßen den Rogen — die Eingeweide des Wassers

seidig zwischen den Zähnen.

 

„Wenn du deinen Haken auswirfst, findest du auf dem Meeresgrund

das Bildnis meines Urahns

den Frisiertisch einer Schlickprinzessin

einen Perlmuttspiegel, einen gierigen Taucher.“

Das sprach ich eines Nachts in die Brandung.

Aber es war vergeblich: Worte

reisen nicht in die Vergangenheit.

 

Alles schmeckt nach Zitrone: die Lagerfeuer

die Brise am Strand

die an den Klippen geernteten Leckerbissen

die später wie Pyrrhussiege in Eis erstarren

das Bier, die Muscheln: das Schafott.

Alles schmeckt nach Zitrone

und der Geist schwebt über dem Wasser.

 

(Sieh mich an mit deinem vermummten Gesicht

der stumpfen Fratze eines mittelalterlichen Henkers

während ich dich vierteile, aufspieße und verschlinge.)

 

Ich dachte, Weichtiere wären friedliebende Zeitgenossen.

Blumenzwiebeln auf Grabsteinen. Archivierte Wiesen.

Jetzt kann ich nicht mehr auf das Meer blicken

ohne Köpfe rollen zu sehen.

 

 

                        Chacahua, Sommer 2003 / Sommer 2004

 

 

Aus: Julián Herbert, Jesus liebt dich nicht (Berlin, Verlagshaus J. Frank, 2014).

übersetzt von: Timo Berger
Ausgangssprache: spanisch
Übersetzungen: deutsch